Billigware aus China erhalten – Was tun?

Viele Konsument:innen haben das schon erlebt: Sie bestellen auf einer europäisch wirkenden Website Modeprodukte zu äußerst günstigen Preisen. Die Überraschung ist groß, wenn das Paket einige Zeit später mit einem Paketaufkleber aus China einlangt. Oft stellen sich die bestellten Produkte als minderwertig heraus oder werden in einer ganz anderen Größe geliefert. Wenn sie die bestellten Produkte dann aber zurückgeben wollen, stoßen sie auf Hindernisse. Sie haben Schwierigkeiten den Kundenservice zu erreichen, sie erhalten kein Rücksendelabel, sie finden keine Rücksendeadresse,… Was tun in einem solchen Fall?

Konsumentinnen und Konsumenten geben - bewusst oder unbewusst - immer öfter Bestellungen bei chinesischen Onlineshops auf. Oft ist dabei auf den ersten Blick gar nicht erkennbar, dass das Unternehmen hinter dem Onlineshop seinen Sitz in China hat. Die Webseite ist auf Deutsch, die Preise sind in Euro angezeigt und bei der Bestellung ist von schnellem Versand in wenigen Tagen die Rede...  Manchmal lässt sich durch einen Blick ins Impressum oder durch Lesen der AGB der Firmensitz des Onlineshops feststellen. Manchmal lassen sich auf der Website aber überhaupt keine Angaben über das Unternehmen hinter der Website finden.

Keine Information über den Firmensitz des Onlineshops

Wenn man im Zuge einer Bestellung nicht leicht auf die Information stoßen kann (z.B. durch Klick auf „Impressum“ oder „Über uns“), dass die Produkte eigentlich von China aus verkauft werden, liegt jedenfalls ein Rechtsverstoß vor. Nach § 4 Abs 1 Z 2 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) müsste Sie ein Onlineshop vor einer Bestellung in klarer und verständlicher Weise über den Namen und die Adresse des betreibenden Unternehmens informieren, d.h. Sie müssten den Namen und die Adresse Im Zuge des Bestellvorgangs problemlos und ohne Zeitdruck zur Kenntnis nehmen können (5 Ob 110/19s, Rz 4.1f). Insofern verstoßen viele chinesische Onlineshops schon gegen geltendes europäisches Recht. Wenn Sie aber gar nicht wissen, dass Sie bei einem chinesischen Onlineshop einkaufen, kann dies zu einer Reihe von Problemen führen.

Einfuhrumsatzsteuer und Zollabgaben?

Das erste Ärgernis kann auftreten, wenn bei der Lieferung des Pakets auf einmal Einfuhrabgaben von den Zollbehörden verlangt werden. Bei der Einfuhr von Produkten in das Zollgebiet der Europäischen Union fällt nämlich jedenfalls eine Einfuhrumsatzsteuer an (und ab einem Warenwert von EUR 150,- eine Zollgebühr), außer der verkaufende Onlineshop ist zum Import-One-Stop-Shop (IOSS) registriert (Information der Österreichischen Post AG zu IOSS). Entweder hebt der der Postdienst bei der Paketzustellung diese Abgaben direkt ein oder Sie erhalten ein Schreiben von den Zollbehörden, dass Ihr Paket aufgegriffen worden ist. Eigentlich müsste Sie der Onlineshop bei der Bestellung nach § 4 Abs 1 Z 4 FAGG auch über das Anfallen dieser zusätzlichen Kosten (nämlich die Einfuhrumsatzsteuer und die Zollabgaben) in klarer und verständlicher Weise informieren. Auch insofern kann der chinesische Onlineshop gegen geltendes europäisches Recht verstoßen.

Wenn der Postdienste-Anbieter die Einfuhrausgaben für Sie ausgelegt hat und nun von Ihnen einfordert, obwohl Ihnen gar nicht bewusst war, von außerhalb der EU zu bestellen, stellt sich die Frage, ob Sie dem Post-Dienstleister diese Ausgaben ersetzen müssen. Diese Frage würde wir tendenziell mit „Ja“ beantworten. Denn bei der Importanmeldung würde es sich um eine sogenannte "Geschäftsführung ohne Auftrag" handeln, die nach Nützlichkeit der Handlung zu bezahlen ist. Die Importanmeldung durch den Postdienstleister ist wohl abstrakt als nützliche Handlung zu werten, weil der Postdienstleister ja für eine Zustellung des Paktes sorgen will. Somit würde dem Postdienstleister ein Aufwandsersatz zustehen, weil er ja grundsätzlich nützliche Aufwendungen für Sie tätigt. Sie könnten diese Ausgaben natürlich wiederum auf Basis von Schadenersatz vom chinesischen Onlineshop ersetzt verlangen, weil dieser seine Informationspflicht nach § 4 Abs 1 Z 2 FAGG verletzt hat und Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist (Sie hätten bei richtiger Information das Produkt nicht beim chinesischen Onlineshop bestellt und hätten keine Importkosten zu tragen gehabt).

Enttäuschung über geliefertes Produkt

Nach dem Öffnen des zugestellten Pakets ist die Enttäuschung oft groß. Manchmal findet sich darin ein ganz anderes Produkt als bestellt wurde (z.B. eine Sonnenbrille statt einem Sweatshirt). Oft handelt es bei den gelieferten Produkte aber einfach um qualitativ sehr minderwertige Waren oder überhaupt um Markenfälschungen. Wenn Sie die zugeschickten Artikel darauf reklamieren und zurückschicken möchten, stoßen Sie typischerweise auf Hindernisse. Sie haben Schwierigkeiten den Kundenservice zu erreichen, der Kundenservice gestaltet den Rücksendeprozess überaus mühsam oder bietet Ihnen nur einen Rabatt statt einer Rücksendung an, Sie finden keine Rücksendeadresse, Sie sollen das Paket nach China zurückschicken …

Rechte gegenüber dem chinesischen Onlineshop

Die Rechtslage in all diesen Fällen ist einigermaßen klar. Wenn Sie etwas anderes erhalten als Sie bestellt haben, müsste Ihnen der Onlineshop die tatsächlich bestellte Ware schicken (der Onlineshop ist nämlich in Lieferverzug) und auf eigene Kosten für die Rücksendung der falschen Ware sorgen. Wenn Sie ein fehlerhaftes (qualitativ mangelhaftes) Produkt erhalten haben, können Sie Ihre Gewährleistungsrechte ausüben und in einem ersten Schritt den Austausch gegen eine einwandfreie Ware und in einem zweiten Schritt die Auflösung des Vertrags verlangen.  Außerdem können Sie in beiden Fällen innerhalb von 14 Tagen ab Lieferung vom Kaufvertrag zurücktreten und den Kaufvertrags so zur Auflösung bringen.

In allen Fällen haben Sie das Recht, den Kaufpreis vorläufig einzubehalten (wenn Sie noch nicht bezahlt haben). Wenn Sie vergeblich auf die Lieferung der richtigen Ware oder den Austausch der fehlerhaften Ware gewartet und die Auflösung des Vertrags verlangt haben oder den Vertrag binnen 14 Tagen widerrufen haben, haben Sie das Recht, den bezahlten Kaufpreis zurückzufordern. Auch müsste der Onlineshop in den Fällen die Kosten für die Rücksendung der erhaltenen Ware tragen (z. B. durch Zusendung eines Rücksendelabels). Nur im Fall des Widerrufs müssten Sie eventuell selbst die Portokosten tragen, wenn Sie bei der Bestellung davor per E-Mail darauf hingewiesen wurden. Wenn Sie keine Adresse für die Rücksendung oder nur eine Adresse in China erhalten, sollten Sie das Paket einfach eine Zeit lang zur Abholung bereithalten und irgendwann entsorgen.

Praktische Lösung über Zahlungsdienstleister

Auch wenn Sie in der Theorie rechtliche Ansprüche haben, lassen sich diese gegenüber einen chinesischen Onlineshop in der Praxis schwer durchsetzen. Denn der chinesische Onlineshop wird auf Argumente des österreichischen Rechts kaum eingehen und Sie werden Ihre Rechte gegen ein chinesisches Unternehmen kaum bei Gericht durchsetzen (ein österreichisches Gerichtsurteil lässt sich in China auch gar nicht durchsetzen). Die praktisch aussichtsreichste Möglichkeit besteht darin, Ihre Zahlung rückgängig zu machen und so zu Ihrem Recht zu kommen.

Wenn Sie den Kaufpreis per Überweisung bezahlt haben, können Sie Ihr nicht mehr zurückbekommen. Wenn Sie allerdings über einen Zahlungsdienstleister (Klarna oder PayPal) oder mit Kreditkarte bezahlt haben, stehen die Chancen besser, dass Sie auch praktisch zu Ihrem Recht kommen. Denn der Zahlungsdienstleister bzw. das Kreditkartenunternehmen steht in der Mitte zwischen Ihnen und dem chinesischen Onlineshop und kann entscheiden, ob der abgebuchte Kaufpreis zurückerstattet wird bzw. eine Zahlungsforderung weiter verfolgt wird. In allen Fällen verlangt der Zahlungsdienstleister jedoch, dass Sie zuerst versuchen, das Problem mit dem chinesischen Onlineshop direkt zu klären.

  • Klarna – „Kauf auf Rechnung“ oder „Später Bezahlen“
    Bei der Zahlungsart Klarna – „Kauf auf Rechnung“ oder „Später Bezahlen“ überträgt der chinesische Onlineshop seine Kaufpreisforderung auf den schwedischen Zahlungsdienstleister „Klarna“, der den Kaufpreis dann direkt von Ihnen einfordert. Wenn Sie nun ein falsches oder minderwertiges Produkt erhalten haben, sollten Sie das Problem sofort an den Kundenservice von Klarna melden und sich auf die „Käuferschutzrichtlinie“ berufen. Legen Sie die Fehlerhaftigkeit dar und schicken Sie dafür möglichst aussagekräftige Nachweise (Fotos von den gelieferten Produkten).
     
  • PayPal
    Auch bei der Zahlung über PayPal besteht die Möglichkeit, den PayPal-Käuferschutz zu nutzen. Sie können einen Antrag auf Käuferschutz insbesondere dann stellen, wenn Sie eine falsche oder minderwertige Ware erhalten haben. Melden Sie das Problem möglichst bald and PayPal und legen Sie dar, dass das gelieferte Produkt deutlich von der Bestellung abweicht oder nicht authentisch ist.
     
  • Kreditkarte
    Auch bei der Bezahlung mit der Kreditkarte können Sie sich an Ihr Kreditkartenunternehmen wenden und eine Rückbuchung („Chargeback“) des abgebuchten Betrags beantragen. Schicken Sie auch hier möglichst aussagekräftige Nachweise über die fehlerhafte Ware (Fotos, Beschreibung der Abweichung gegenüber der Bestellung) an das Kreditkarteninstitut, nachdem Sie versucht haben, das Problem mit dem Händler zu klären.

Zusammenfassung

Wenn Sie bei einem unbekannten Onlineshop bestellt haben und am Ende Billigware aus China erhalten haben, sollten Sie auf Ihren Rechten beharren und die Lieferung der richtigen Ware bzw. einen Austausch gegen eine fehlerfreie Ware verlangen. Sie können innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung sicherheitshalber auch den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Das Paket sollten Sie nur dann nach China zurückschicken, wenn Sie ein Rücksendelabel zur Verfügung gestellt bekommen. Denn ansonsten müssten Sie die Portokosten für die Rücksendung selbst auslegen, und es ist sehr unsicher, ob Sie diese Kosten vom Onlineshop ersetzt bekämen. Auf Ihrer Rücksendung sollte jedenfalls eine Rücksendenummer oder RMA-Nummer (Return Merchandise Authorization oder auch Return Material Authorization) angebracht sein, damit Ihr Paket bei Eingang in das Warenlager richtig zugeordnet werden kann und nicht verloren geht.

Wenn Sie den Kaufpreis über einen Zahlungsdienstleister (z.B. Klarna, PayPal, Kreditkarte etc.) bezahlt haben, sollten Sie das Problem noch einmal bei dem chinesischen Onlineshop reklamieren und dann an den Zahlungsdienstleister melden. Legen Sie dabei möglichst aussagekräftige Nachweise vor, dass die gelieferte Ware von der Bestellung abweicht und nicht die vereinbarte Qualität aufweist. In vielen Fällen nimmt der Zahlungsdienstleister dann eine Rückbuchung vor (PayPal, Kreditkartenunternehmen) oder unterlässt die weitere Forderung des Kaufpreises (Klarna).

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