Gilt ein Paket mit Einwurf in die Post-Empfangsbox als zugestellt?

Bei Online-Bestellungen kommt es immer wieder vor, dass Pakete am Weg verloren gehen und gar nicht zugestellt werden. Es stellt sich dann die Frage, ob der Onlineshop oder Sie als Käufer:in dieses Risiko tragen müssen. Das Konsumentenschutzgesetz enthält eine klare Regelung: Im Verhältnis zwischen Onlineshop und Konsument:in trägt der Shop das Verlustrisiko bis zur tatsächlichen Ablieferung. Doch was gilt beim Einwurf in die Post-Empfangsbox, wenn das Paket danach verschwindet?

Die Post-Empfangsbox ist ein Angebot der Österreichischen Post AG. Sie wird auf Anfrage einer Hausverwaltung an der Außenwand oder im Stiegenhaus eines Hauses montiert. Der Paket-Zusteller legt das Paket in die Box und hinterlässt einen Benachrichtigungsschein mit einem RFID-Transponder im Briefkasten des Empfängers. Mit diesem Benachrichtigungsschein kann die Post-Empfangsbox geöffnet und das Paket entnommen werden. Dieser Benachrichtigungsschein kann recht leicht durch den Einwurf-Schlitz eines Briefkasten entnommen werden. Es kommt daher immer wieder vor, dass ein Benachrichtigungsschein aus dem Briefkasten gefischt wird, um damit die Post-Empfangsbox zu öffnen und die Pakete daraus unbefugt zu entnehmen. Wer trägt das Risiko für einen solchen Diebstahl?

Gefahrenübergang im B2C-Geschäft

Im Falle des Verlusts oder einer Beschädigung eines im Online-Shop bestellten Pakets (B2C-Kaufvertrag zwischen Unternehmen und Konsument:in) ist die Frage des sogenannten Gefahrenübergangs entscheidend. Wer das Risiko bzw. die Gefahr trägt, muss für den Verlust eines Pakets einstehen. Die diesbezügliche Regelung findet sich in § 7b Konsumentenschutzgesetz (KSchG). Demnach geht das Risiko eines Verlusts oder einer Beschädigung erst dann auf den Verbraucher über, wenn die Ware tatsächlich an ihn:sie oder an einen von ihm:ihr benannten Dritten, der nicht der Beförderer ist, abgeliefert wird. Dies bedeutet, dass das Risiko in der Regel nicht bereits mit der Übergabe des Pakets vom Onlineshop an den Paketdienst auf Sie übergeht. Solange das Paket Ihnen nicht zugestellt wurde und uf dem Transportweg verloren geht, trägt der Onlineshop das Risiko und muss Ihnen die Bestellung noch einmal liefern.

Zustellung per Post-Empfangsbox – Wann gilt das Paket als empfangen?

Die Post-Empfangsbox ist ein Service zur Hinterlegung von Sendungen direkt am Wohnort. Wenn ein Paket dort eingelegt wird, findet der:die Empfänger:in in der Regel einen Benachrichtigungsschein mit einem Code im Briefkasten, um die Box zu öffnen und das Paket zu entnehmen. Die entscheidende Frage ist, ob durch das Einlegen des Pakets in die Post-Empfangsbox bereits eine Ablieferung im Sinne des § 7b Konsumentenschutzgesetz (KSchG) erfolgt ist und somit die Gefahr auf Sie übergeht.
 

  1. Abstellgenehmigung als Präzedenzfall
    Ein weitgehend unumstrittener Fall des Gefahrenübergangs liegt vor, wenn Sie dem Paketdienstleister eine ausdrückliche Abstellgenehmigung (Wunsch-Abstellort) erteilt haben. Durch diese Genehmigung bestimmen Sie einen bestimmten Abstellort als Empfangsstelle. Zwar benennen Sie keinen Dritten (d.h. keine Person), wie dies nach § 7b KSchG eigentlich für einen Gefahrenübergang gefordert wird. Mit der Gesetzbestimmung muss aber auch die Benennung eines Ort mitumfasst sein, weil die Interessenslage zwischen dem Onlineshop und Ihnen sonst nicht gewahrt bliebe. Es wäre nicht sachgerecht, wenn Sie einen völlig ungesicherten Ort als Abstellort benennen, der Onlineshop aber dennoch das Risiko eines Diebstahls tragen sollte. Die Ablage des Pakets an diesem genehmigten Ort gilt juristisch als ordnungsgemäße Ablieferung, und die Gefahr geht auf Sie über. Ein späterer Verlust durch Diebstahl fällt in diesem Fall in Ihren Risikobereich als Käufer:in.
     
  2. Keine individuelle Zustimmung zur Nutzung zur Post-Empfangsbox
    In vielen Fällen wird die Post-Empfangsbox – oft auf Betreiben der Hausverwaltung oder der Post – in Mehrparteienhäusern installiert, ohne dass Sie als einzelne Mieter:in der Installation der Post-Empfangsbox individuell zugestimmt hätten. In diesem Fall kann die Hinterlegung des Pakets unseres Erachtens nicht als Ablieferung an Sie gewertet werden, weil Sie der Nutzung der Post-Empfangsbox als genehmigten Abstellort nicht individuell zugestimmt haben. Das erhöhte Risiko eines Diebstahls des Benachrichtigungsscheins – und damit des Pakets – sollte nicht ohne eindeutige Zustimmung auf Sie abgewälzt werden. Wenn die Empfangsbox in einem Mehrparteienhaus auf Anfrage der Hausverwaltung montiert wurde und Sie nicht persönlich und individuell zugestimmt haben, dass Pakete auf diese Weise zugestellt werden dürfen, bewirkt der Einwurf unseres Erachtens noch keinen Übergang der Gefahr. Das Risiko eines Verlusts des Pakets (inkl. eines Dienstahls) verbleibt unseres Erachtens in diesem Fall beim Verkäufer (Onlineshop).
     
  3. Individuelle Zustimmung zur Nutzung zur Post-Empfangsbox
    Wenn Sie hingegen Ihr ausdrückliche Zustimmung zur Montage und Nutzung der Post-Empfangsbox erteilt hat (wie z. B. bei einem Einfamilienhaus), ist eine solche Zustimmung mit einer Abstellgenehmigung vergleichbar. In diesem Fall geht die Gefahr des Verlusts unseres Erachtens mit dem Einlegen des Pakets in die Box auf Sie über. Wenn Sie eine Eigentumswohnung besitzen, müssen Sie sich den Auftrag der Hausverwaltung zur Installation einer Post-Empfangsbox wohl zurechnen lassen, weil die Hausverwaltung die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – und damit auch Sie – vertritt.  Ebenso müssen Sie sich wohl einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeischaft zurechnen lassen, auch wenn Sie in der Abstimmung der Eigentümerversammlung dagegen gestimmt haben sollten. Wenn Sie lediglich Mieter einer Eigentumswohnung sind, kann eine Zustimmung des Eigentümers Ihnen als Mieter:in hingegen nicht zugerechnet werden.

Paketverlust in der Empfangsbox – Ihre Rechte als Konsument:in

Ist ein Paket verschwunden, bevor die Gefahr auf Sie übergegangen ist, ist Ihr Vertragspartner – der Onlineshop – dafür verantwortlich. Sie haben in einem solchen Fall folgende Handlungsmöglichkeiten:

  • Forderung der nochmaligen Lieferung: Sie können vom Onlineshop die nochmalige Lieferung der bestellten Ware oder die Lieferung eines einwandfreien Produkts innerhalb einer angemessenen Nachfrist verlangen.
  • Beweislast liegt beim Onlineshop: Im Streitfall muss der Onlineshop beweisen, dass die Ware gemäß § 7b KSchG an Sie oder einen von Ihnen bestimmten Dritten abgeliefert wurde. Wenn der Onlineshop lediglich belegen kann, dass das Paket in die Post-Empfangsbox eingelegt wurde, und Sie bestreiten, dass eine wirksame Zustellung erfolgte, muss der Onlineshop den Beweis der Ablieferung erbringen. Da bei fehlender individueller Zustimmung der Einwurf in die Empfangsbox in der Regel keinen Gefahrenübergang bewirkt, wird der Beweis der Ablieferung an den Käufer eher nicht erbracht.
  • Kein Anspruch gegenüber dem Paketdienst: Beachten Sie, dass Sie als Empfänger:in in keinem Vertragsverhältnis zum Paketdienst stehen. Eventuelle Ansprüche wegen der fehlerhaften Zustellung kann nur der Onlineshop als Auftraggeber des Paketdienstes geltend machen.
  • Beschwerde beim Portal für Post-Empfangsbeschwerden: Unabhängig von Ihren zivilrechtlichen Ansprüchen gegenüber dem Onlineshop können Sie Probleme im Zusammenhang mit dem Empfang von Paketen beim Portal für Post-Empfangsbeschwerden der RTR (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH) einbringen. Dies dient der statistischen Erfassung und ermöglicht der Post-Control-Kommission, gegebenenfalls ein Aufsichtsverfahren gegen den Postdienste-Anbieter einzuleiten.
  • Anzeige bei der Polizei: Wenn Sie einen Diebstahl vermuten – etwa durch Entwendung des Benachrichtigungsscheins aus dem Briefkasten – sollten Sie den Vorfall bei der Polizei zur Anzeige bringen, damit der Dieb ausfindig gemacht werden kann.

Probleme mit Paketzustellungen

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