Was kann ich tun, wenn die Ware nicht geliefert wird?
Gerade rund um den Black Friday und den Cyber Monday locken Online-Shops mit unschlagbaren Angeboten. Preisnachlässe von 50% oder 70% sind keine Seltenheit. Verständlich, dass Konsument*innen bei diesen Angeboten schnell zuschlagen und die angebotenen Schnäppchen umgehend bestellen. Ärgerlich ist es, wenn sich später herausstellt, dass der Online-Shop die Ware gar nicht liefern kann. Welche Rechte haben Sie, wenn Ihre Bestellung später storniert wird oder wenn die versprochene Lieferzeit nicht eingehalten wird?
Wenn Sie eine Bestellung im Internet aufgeben, wird vom Online-Shop normalerweise auch eine Lieferzeit angegeben. So steht auf der Produkt-Seite der bestellten Ware etwa unter dem Titel „Versand“ oder „Lieferung“ eine bestimmte Lieferfrist (z.B. „4-5 Werktage“) oder ein bestimmter Lieferzeitraum (z.B. „11. Dezember bis 14. Dezember“). Wenn Sie nun eine Bestellung aufgeben, erklären Sie gegenüber dem Online-Shop, das Produkt zu den angegebenen Bedingungen (Preis, zugesagte Eigenschaften, Lieferzeit usw.) kaufen zu wollen. Wenn der Online-Shop Ihre Bestellung annimmt, kommt der Vertrag mit dem Inhalt Ihrer Bestellung zustande. Der Online-Shop kann die Lieferzeit nicht einfach einseitig ändern (z. B. "Benachrichtigung über eine Änderung Ihrer Lieferung") oder in der Bestellbestätigung eine andere Lieferzeit angeben. Wenn der Online-Shop Ihre Bestellung annimmt, ist er an die (bei der Bestellung angegebene) vereinbarte Lieferzeit gebunden.
Wann gilt die Bestellung als angenommen?
Ob ein Kaufvertrag bereits mit der Bestellbestätigung wirksam zustande kommt, hängt davon ab, wie sie aus Sicht einer/s verständigen Konsument:in verstanden werden muss. Eine Bestellbestätigung mit dem Wortlaut „Wir bestätigen den Eingang Ihrer Bestellung. Die Annahme Ihrer Bestellung erfolgt erst mit Versendung der Ware.“ ist noch keine Annahme der Bestellung. Mit einer Bestellbestätigung „Wir nehmen Ihre Bestellung dankend an und werden Ihren Auftrag unverzüglich ausführen.“ kommt hingegen ein Kaufvertrag bereits zustande. Die Bestellung kann auch durch eine Handlung des Online-Shops (z.B. Aufforderung zur Überweisung des Kaufpreises, Versenden der Ware usw.) angenommen werden. Wann eine Bestellung als angenommen gilt und ein wirksamer Kaufvertrag zustande kommt, kann jeweils nur im Einzelfall beurteilt werden (siehe auch „Kann ein Online-Shop meine Bestellung einfach stornieren?“).
„Voraussichtliche“ Lieferzeit
Manchmal geben Online-Shops nur eine „voraussichtliche“ Lieferzeit an. Nach § 4 Abs 1 Z 7 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz hat ein Online-Shop aber klar und verständlich über den Lieferzeitraum zu informieren. Mit der Angabe einer „voraussichtlichen“ Lieferzeit wird einer solchen Informationspflicht nicht entsprochen. Außerdem sind unklare Äußerungen zu Lasten desjenigen auszulegen, der eine solche Äußerung tätigt (§ 915 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch). Man wird daher auch eine „voraussichtliche“ Lieferzeit als eine bestimmte Lieferzeit zu verstehen haben. Wenn Ihnen der Online-Shop die Ware daher nicht innerhalb der „voraussichtlichen“ Lieferzeit liefert, gerät er mit seiner Leistung in Verzug.
Folgen einer Lieferverzögerung
Wenn der Online-Shop Ihnen die Ware nicht oder nicht innerhalb der versprochenen Lieferzeit liefert, können Sie den Vertrag natürlich auflösen. Sie müssen dem Online-Shop zuvor aber noch eine angemessene Frist für eine Nachlieferung setzen (sozusagen als „letzte Chance“), sofern nicht von vornherein klar war, dass Sie an einer späteren Lieferung kein Interesse haben („Fixgeschäft“). Wie lange eine solche Nachfrist sein muss, richtet sich auch nach dem ursprünglichen Lieferzeitraum. Eine Nachfrist von ein bis zwei Wochen wird aber allgemein angemessen sein. Wenn der Online-Shop Ihnen die Ware innerhalb dieser Nachfrist immer noch nicht liefert, können Sie vom Vertrag zurücktreten. Mit Ihrem Rücktritt wird der Vertrag aufgelöst. Sie müssen den Kaufpreis nicht mehr bezahlen bzw. können einen bereits bezahlten Kaufpreis zurückfordern.
Bestellung woanders?
Wenn Sie ein Schnäppchen erworben haben, werden Sie den Vertrag allerdings nicht auflösen wollen. Sie wollten die Ware ja gerade um diesen günstigen Preis erhalten und nicht woanders um einen höheren Preis bestellen. Möglicherweise haben Sie im Zeitpunkt Ihrer Bestellung andere günstige Angebote nicht in Anspruch genommen, weil Ihr Angebot noch günstiger war. Später können aber all diese Angebote aber nicht mehr verfügbar sein. Was tun, wenn Sie der Online-Shops immer nur vertröstet und Ihnen die Ware nicht und nicht liefert?
Dann können Sie die Ware woanders zu einem marktüblichen (höheren) Preis bestellen und vom nicht liefernden Onlineshop den mehr bezahlten Betrag verlangen. Der Online-Shop muss Ihnen nämlich den mehr bezahlten Betrag ersetzen, wenn er aus eigenem Verschulden die Ware nicht liefern kann. Eine solche Schuld trägt er auch dann, wenn ihm sein Lieferant weniger Waren als versprochen geliefert hat. Der Online-Shop muss nämlich, wenn er eine Bestellung annimmt, sicher sein, dass er den Kaufvertrag auch erfüllen können wird. Wenn er das Produkt gar nicht zur Verfügung hat, trifft ihn ein Verschulden und muss er Ihnen Schadenersatz leisten.
Beispiel: Jonas stößt am Black Friday auf ein unschlagbares Angebot im Internet. Der Online-Shop A bietet dort die Sony Playstation 5 in einer Cyber-Friday-Aktion um EUR 350,- an. Der Online-Shop B bietet die Spielkonsole hingegen nur um EUR 400,- an. Jonas bestellt die Playstation daher beim Online-Shop A per Zahlungsart „Vorkasse“ und überweist den Kaufpreis von EUR 350,- gleich auf das Konto des Online-Shops A. Eine Woche später schreibt der Online-Shop A, dass er die die Playstation nicht liefern kann. Mittlerweile kostet die Playstation beim Online-Shop B (wie auch bei allen anderen Online-Shops) aber wieder EUR 500,-. Jonas kann die Spielkonsole beim Online-Shops B bestellen und vom Online-Shop A verlangen, den Kaufpreis von EUR 500,- ersetzt zu bekommen. Der Online-Shop A muss Jonas also nicht nur den bereits erhaltenen Kaufpreis von EUR 350,- zurücküberweisen, sondern muss ihm auch die Differenz von EUR 150,- zum marktüblichen Kaufpreis ersetzen.
Irreführende Geschäftspraktik
Hinzu kommt, dass sogenannte „Lockangebote“ eine irreführende Geschäftspraktik nach dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb darstellen (Anhang Z 5). Um ein „Lockangebot“ handelt es sich dann, wenn ein Online-Shop auf seiner Website Waren um günstige Preise anbietet, aber gleichzeitig davon ausgehen muss, dass er diese Waren nicht zum angebotenen Preis und/oder innerhalb der erwartbaren Lieferfrist liefern kann. Konsument*innen sollen also unter einem falschen Vorwand (günstiges erfüllbares Angebot) in einen Webshop gelockt werden. Eine solche Geschäftspraktik ist jedoch verboten. Sie können zwar selbst indviduell nicht gegen eine solche irreführende Geschäftspraktik vorgehen. Konsumentenschutzeinrichtungen wie die Arbeiterkammer oder der Verein für Konsumenteninformation können allerdings mit einer Klage erzwingen, dass der Onlineshop solche Lockangebote unterlässt (§ 14 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).