Kann ein Online-Shop meine Bestellung einfach stornieren?

Gerade bei sehr nachgefragten Waren wie neuen iPhones oder neuen Spielkonsolen kommt es immer wieder zu diesem Problem: Sie geben eine Bestellung auf und bezahlen mit Kreditkarte, PayPal oder Vorkasse (Vorabüberweisung). Darauf erhalten Sie vom Online-Shop eine Bestellbestätigung mit einem voraussichtlichen Liefertermin. Einige Zeit später storniert der Online-Shop die Bestellung, weil die Ware nicht lieferbar sei. Darf der Online-Shop das so einfach?

Wenn ein Kaufvertrag einmal wirksam geschlossen wurde, sind sowohl Sie als Käufer:in als auch der Onlineshop als Verkäufer daran gebunden. Die Vertragsparteien können sich nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen vom Vertrag lösen. Als Konsument:in können Sie meist von Ihrem gesetzlichen Rücktrittsrecht Gebrauch machen und den Vertrag binnen einer Frist von 14 Tagen widerrufen (außer in bestimmten Fällen). Der Online-Shop kann den Vertrag hingegen nur in bestimmten Fällen einseitig stornieren (z.B. wenn er keine Zahlung erhält oder er einem Irrtum unterlegen ist, der Ihnen auffallen hätte müssen). Aber ab wann gilt denn ein Vertrag wirksam geschlossen?

Vertragsabschluss

Wie im sonstigen Leben kommt der Kaufvertrag zwischen Ihnen und dem Onlineshop durch Angebot und Annahme zustande. Ihre Bestellung ist das Angebot an den Onlineshop, eine bestimmte Ware um eine bestimmten Preis zu kaufen. Sie sind an dieses Angebot für eine bestimmte Zeit (ca. 3 Tage) gebunden. Der Kaufvertrag kommt erst dadurch zustande, dass das Unternehmen Ihre Bestellung in irgendeiner Weise annimmt und den Kaufvertrag dadurch mit Ihnen abschließt. Die Annahme Ihres Angebots kann durch den Onlineshop auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen.

Ihre Bestellung ist nur dann rechtswirksam und löst auch nur dann eine Zahlungsverpflichtung aus, wenn der Bestell- oder Buchungs-Button mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer ähnlichen Formulierung gekennzeichnet ist. Ansonsten sind Sie (solange Sie die Wirksamkeit Ihrer Bestellung nicht noch auf andere Art und Weise bekräftigen) an die Bestellung nicht gebunden. Sie können sich dann darauf berufen, dass der Vertrag nicht zustande gekommen ist und Sie zu keiner Zahlung verpflichtet sind (§ 8 Abs 2 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz).

Vertragsabschluss durch Bestellbestätigung?

Nach § 10 Abs 2 E-Commerce-Gesetz hat ein Online-Shop den Eingang Ihrer Bestellung unverzüglich zu bestätigen. Ob mit einer solchen Bestellbestätigung Ihr Angebot (nämlich Ihre Bestellung) auch angenommen wird und der Vertrag zustande kommt, lässt sich leider nicht generell beantworten. Es hängt davon ab, wie die Bestellbestätigung aus Sicht einer/s verständigen Konsument:in im Einzelfall verstanden werden musste. Eine Bestellbestätigung mit dem Wortlaut „Wir haben Ihre Bestellung erhalten und werden diese unverzüglich bearbeiten. Die Annahme Ihrer Bestellung erfolgt erst mit Versendung der Ware.“ ist noch keine Annahme der Bestellung; es kommt damit noch kein Vertrag zustande. Eine Bestellbestätigung mit dem Wortlaut „Wir nehmen Ihre Bestellung dankend an und werden Ihren Auftrag unverzüglich ausführen.“ wird hingegen wohl als Annahme des Angebots verstanden werden müssen, wodurch ein Vertrag zustande kommt.

Vertragsabschluss durch Versenden der Ware?

Eine Bestellung kann bereits durch eine Bestellbestätigung oder durch eine (gesonderte) Erklärung (z.B. „Vertragsbestätigung“, „Rechnung“) angenommen werden. Eine Bestellung kann aber auch einfach durch eine Handlung des Unternehmens (z.B. das Versenden der Ware) angenommen wird. Oft wird in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmens erklärt, durch welchen Schritt ein Vertrag zustande kommen soll. Diese AGB des Unternehmens sind bei der Interpretation der Erklärungen und Handlungen des Unternehmens zu berücksichtigen. Doch sie können keine Geltung beanspruchen, wenn die tatsächlichen Handlungen des Unternehmens mit den AGB in Widerspruch stehen („Protestatio facto contraria non valet“). Im Übrigen wäre eine unklare Bestimmung in den AGB zum Nachteil des Online-Shops (als dem Ersteller der AGB) zu interpretieren (§ 915 ABGB).

Vertragsabschluss durch Zahlungsaufforderung?

Oft werden Sie - abhängig von der gewählten Zahlungsart - bereits im Rahmen Ihrer Bestellung dazu aufgefordert, den Kaufpreis zu bezahlen. Bei der Zahlungsart „Vorkasse“ oder „Sofortüberweisung“ beispielsweise überweisen Sie den Kaufpreis an den Online-Shop, bevor Sie die Ware erhalten haben. Wenn Sie die Zahlungsart „Kreditkarte“ oder „PayPal“ wählen, müssen Sie ebenfalls eine Kreditkartenzahlung oder PayPal-Zahlung freigeben, bevor die Ware verschickt wird. Es stellt sich die Frage, ob der Vertrag mit der Zahlung bereits zustande kommt.

Die Aufforderung des Online-Shops zur Vorabüberweisung („Vorkasse“ oder „Sofortüberweisung“) wird meist schon als Annahme Ihrer Bestellung zu verstehen sein, weil eine Durchschnittsperson dann wohl schon von einer Annahme des Bestellung ausgehen würde (siehe auch hier). Denn ansonsten würden Sie den Kaufpreis bezahlen, bevor ein Vertrag überhaupt noch zustande gekommen ist. Eine solche Vorauserfüllungspflicht des Käufers wäre allerdings unzulässig. Nicht zuletzt aus diesem Grund kann man davon ausgehen, dass der Online-Shop bereits mit der Forderung nach einer Vorauszahlung ein Angebot annehmen will. Wenn Sie also im Rahmen der Bestellung zur Vorabüberweisung („Vorkasse“ oder „Sofortüberweisung“) aufgefordert werden, kommt der Kaufvertrag damit wohl schon zustande. Eine allfällige Erklärung des Online-Shops in seinen AGB hat gegenüber dem faktischen Handeln des Online-Shops (konkret: die Zahlungsaufforderung des Online-Shops) nicht unbedingt Vorrang („Protestatio facto contraria non valet“).

Bei der Zahlung per Kreditkarte oder PayPal wird wohl auch die konkrete Abbuchung von Ihrer Kreditkarte oder Ihrem PayPal-Konto als eine stillschweigende („konkludente“) Annahme Ihrer Bestellung zu verstehen sein. Dies gilt selbst dann, wenn der Online-Shop in seinen AGB darauf hinweist, dass der Vertrag erst mit dem Versenden der Ware zustande kommt. Denn der Online-Shop kann sich nicht auf seine AGB berufen, wenn seine faktischen Handlungen zu im Widerspruch stehen (siehe oben). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Kaufpreis auf der Kreditkarte lediglich reserviert wird („Pre-authorisation“). Dann wird die Annahmeerklärung des Unternehmens erst in der letztlichen Abbuchung des Kaufpreises zu sehen sein. Mit der bloßen Reservierung des Kaufpreises kommt hingegen noch kein Kaufvertrag zustande.

Keine Stornierung möglich, wenn Vertrag zustande gekommen

Zu welchem Zeitpunkt ein Kaufvertrag zustande kommt, hängt also von der konkreten Ausgestaltung der Bestellbestätigung und vom Zahlungsvorgang im Rahmen der Bestellung ab. Es ist möglich, dass ein Kaufvertrag bereits mit der Bestellbestätigung oder dem Zahlungsvorgang zustande kommt (siehe oben). Wenn der Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist, darf der Online-Shop Ihre Bestellung grundsätzlich nicht mehr stornieren. Der Online-Shop dürfte nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen vom Kaufvertrag zurücktreten (z.B. wenn er bei der Anzeige des Produkts und des Preises einem Irrtum unterlegen ist, der Ihnen auffallen musste oder wenn er trotz geschlossenen Kaufvertrags und Ermahnung den Kaufpreis nicht von Ihnen erhält). Ansonsten bleibt der Online-Shop an den Kaufvertrag gebunden und muss Ihnen die bestellte Ware liefern.

Schadenersatz bei Nichtlieferung

Wenn der Onlineshop Ihnen die Ware nicht liefert, obwohl der Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist und auch vom Onlineshop nicht mehr angefochten werden konnte, haben Sie theoretisch einen Anspruch auf Schadenersatz. Sie können dann die Mehrkosten ersetzt verlangen, die Sie hatten, um den Artikel teurer bei einem anderen Onlineshop zu kaufen. Dafür muss der Onlineshop etwas falsch gemacht haben, d.h. es muss ein Verschulden des Onlineshops vorliegen. Wenn der Onlineshop aus Nachlässigkeit erst nach dem Vertragsabschluss feststellt, dass er den verkauften Artikel gar nicht mehr im Lager vorrätig hat, wird er Schadenersatz leisten müssen. Ob ein Verschulden des Onlineshops vorliegt, wenn der Onlineshop wider Erwarten nicht von seinem Großhändler beliefert worden ist, muss im Einzelfall geprüft werden.

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