Was tun, wenn Ihre Bestellung im Zoll hängen bleibt?

Die Beschwerden zu Bestellungen bei Online-Händlern mit Sitz in China nehmen zu. Wurde eine Bestellung bei einem solchen Onlineshop einmal aufgegeben, kommt es oft zu Problemen. Konsument:innen beklagen einerseits sehr lange Lieferzeiten und andererseits, dass die Waren von den Zollbehörden abgefangen werden und darauf hohe Gebühren und Steuern bezahlt werden sollen.

Viele Konsument:innen stoßen über Werbeanzeigen in sozialen Netzwerken oder über eine Google-Suche auf ihnen bis dahin unbekannte Onlineshops. Oft sind die Onlineshops schön und ansprechend gestaltet, sodass Konsument:innen über den Sitz des Online-Händlers gar nicht nachdenken. Es ist für sie auf den ersten Blick oft gar nicht erkennbar, dass der betreffende Onlineshop seinen Sitz außerhalb der EU (meist in China) hat.

Verpflichtende Information über Sitz des Unternehmens

Auch Onlineshops mit Sitz außerhalb der EU, die sich an österreichische KonsumentInnen richten, müssen sich an die österreichischen Konsumentenschutzvorschriften halten [Art 6 Abs 1 und Abs 2 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-Verordnung)]. Die Regelungen der Rom I - Verordnung sind nämlich schon dann anzuwenden, wenn ein Vertrag eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten (nicht notwendigerweise EU-Mitgliedstaaten) aufweist [Staudinger/Magnus (2016) Art 1 Rom-I-VO Rz 13 mwN].

Nach § 4 Abs 1 Z 2 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) muss Sie ein Onlineshop vor Ihrer Bestellung klar und verständlich über die Identität und die Adresse des Unternehmens hinter dem Onlineshop informieren. Es lässt sich darüber streiten, was „klar und verständlich“ genau bedeutet. Nicht ausreichend ist es jedenfalls, wenn der Name und die Anschrift des Unternehmens nur in den AGB des Onlineshops angegeben werden oder - erst nach vielen Klicks aufrufbar - irgendwie tief in der Website vergraben sind. Vielmehr muss von der Startseite des Onlineshops aus ein „Impressum“ oder „Über Uns“ abrufbar sein, unter dem klar über den Namen und den Sitz des Unternehmens informiert wird.

Überraschend lange Lieferzeiten

Diese Onlineshops lassen natürlich auch oft nicht klar erkennen, dass die Ware aus einem fernen Land (z. B. China) verschickt wird und dass es daher zu langen Lieferzeiten kommen kann. Unter dem Schlagwort „Schnelle Lieferung“ wird damit geworben, dass die Bestellung innerhalb von 1-3 Tagen verschickt wird. „Verschickt“ bedeutet dann aber nicht, dass die Ware auch innerhalb weniger Tage geliefert wird. Tatsächlich beträgt die Lieferzeit bei Lieferungen aus China oft auch mehrere Wochen. Nach § 4 Abs 1 Z 7 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) müsste Sie ein Onlineshop bei Ihrer Bestellung jedoch in klarer und verständlicher Weise über den Lieferzeitraum informieren. Sie müssten im Rahmen des Bestellvorgangs daher transparent über einen Lieferzeitraum von zum Beispiel mehreren Wochen informiert werden.

Ware bleibt im Zoll hängen

Grundsätzlich müssen für in die EU eingeführte Waren Einfuhrumsatzsteuer und Zollgebühren gezahlt werden ("Welche Kosten fallen bei Bestellungen außerhalb der EU an?"). Manchmal versuchen unseriöse Onlineshops diese Kosten dadurch zu umgehen, indem sie die bestellten Waren beim Zoll als Geschenk („gift“) oder mit einem Wert unter diesen Schwellenwerten deklarieren. Doch auch diesen Fällen bleiben von China verschickte Waren oft im Zoll hängen, wo sie der Zollabfertigung unterzogen werden. Bei Markenfälschungen kann es überhaupt vorkommen, dass diese Waren, sofern Sie nicht binnen einer bestimmten Frist widersprechen, von den Zollbehörden bei der Einfuhr abgefangen und zerstört werden (www.bmf.gv.at/themen/zoll/produktpiraterie/produktpiraterie-verfahren.html).

Nach § 4 Abs 1 Z 4 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) muss Sie ein Onlineshop, bevor Sie Ihre Bestellung abgeben, in klarer und verständlicher Weise über das Anfallen zusätzlicher Fracht-, Liefer-, Versand- oder sonstiger Kosten (also auch über das Anfallen von Steuern und Zollgebühren) informieren. Wenn Sie die Ware nicht erhalten, weil Sie die Einfuhrumsatzsteuer bzw. die Zollgebühren nicht bezahlen wollen, stellt sich die Frage, wie Sie am besten mit der Situation umgehen sollen.

Was tun, wenn die Ware im Zoll hängen bleibt?

Sie wurden von den Zollbehörden kontaktiert, aber wollen keine Gebühren bezahlen, weil Sie zuvor nicht auf diese zusätzlichen Kosten hingewiesen worden waren? Am zweckmäßigsten ist es, dem Onlineshop den Rücktritt zu erklären und für eine Rücksendung der Ware zu sorgen. Wenn Sie die Einfuhrumsatzsteuer bzw. die Zollgebühren nicht bezahlen, wird die Ware üblicherweise von selbst an den Absender zurückgeschickt. Wenn Sie von Ihrem Kaufvertrag zurückgetreten sind, darf der Onlineshop auch keinen Kaufpreis mehr verlangen, weil der Kaufvertrag mit Ihrem Rücktritt aufgelöst wurde. Sie müssten gegebenenfalls nur die Portokosten der Rücksendung ersetzen, wenn Sie der Onlineshop bei Ihrer Bestellung auf eine solche Kostentragungspflicht hingewiesen hat ("Muss ich die Rücksendekosten tragen?")

Achtung!
Es ist wichtig, den Rücktritt vom Kaufvertrag zu erklären. Bloße Nichtannahme reicht nicht!

Wenn Sie mit einer Zahlungsforderung eines Zahlungsdienstleisters (z.B. Klarna) konfrontiert werden, obwohl Sie aufgrund der Zoll-Problematik keine Ware erhalten haben, sollten Sie dem Zahlungsdienstleister (z.B. Klarna) erklären, dass Sie vom Kaufvertrag zurückgetreten sind und die Kaufpreisforderung daher erloschen ist. Hilfsweise können Sie der vom Zahlungsdienstleisters (z.B. Klarna) geltend gemachten Kaufpreisforderung entgegenhalten, dass Sie mit einer eigenen Schadenersatzforderung gegen die Kaufpreisforderung aufrechnen. Sie haben nämlich einen Schadenersatzanspruch gegen den Onlineshop, wenn Sie aufgrund der Verletzung von dessen Informationspflicht gemäß § 4 Abs 1 Z 4 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) einen Schaden (nämlich die gegen Sie geltend gemachte Kaufpreisforderung des Onlineshops, ohne dass Sie als Gegenleistung eine Ware erhalten hätten) erlitten haben. Diesen Einwand können Sie auch dem Zahlungsdienstleister (z.B. Klarna) als Abtretungsempfänger (Zessionar) entgegenhalten. Sie sollten also „mit Ihrer eigenen Schadenersatzforderung gegen die abgetretene Kaufpreisforderung aufrechnen“ und erklären, dass die Kaufpreisforderung des Onlineshops bzw. des Zahlungsdienstleister (z.B. Klarna) mit dieser Aufrechnungserklärung erfüllt wurde.

Weitere Möglichkeit:
Aufrechnung mit der eigenen Schadenersatzforderung erklären!

Wenn Sie mit Kreditkarte oder mit PayPal bezahlt haben, können Sie unter Hinweis auf Ihren Rücktritt vom Kaufvertrag und auf die Verletzung der Informationspflicht gemäß § 4 Abs 1 Z 4 FAGG um eine Rückbuchung des Kaufpreises ersuchen. Sie haben aber eigentlich keinen Anspruch auf eine Rückbuchung, wenn Sie die Zahlung des Kaufpreises freigegeben haben, weil Ihre Einwände dann nicht das Zahlungsgeschäft, sondern das Grundgeschäft (nämlich: den Kaufvertrag) betreffen. Kreditkartenunternehmen oder PayPal nehmen aus Servicegründen aber manchmal Rückbuchungen vor, wenn sie Beschwerden von Kunden betreffend das Grundgeschäft als berechtigt erkennen.

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