Die Beweislast ist - abhängig von der Art der Äußerung - unterschiedlich verteilt. Bei rein subjektiven beleidigenden Äußerungen muss die bewertende Person beweisen, dass der negativen Äußerung wahre Tatsachen zugrunde lagen. Bei überprüfbaren Tatsachenbehauptungen muss das bewertete Unternehmen beweisen, dass die behaupteten Tatsachen nicht der Wahrheit entsprechen.
Bei der Frage der Beweislast muss zwischen subjektiven Meinungsäußerungen (Werturteile) und Tatsachenbehauptungen unterschieden werden. Während subjektive Meinungsäußerungen von außen nicht als richtig oder falsch beurteilt werden können, können Tatsachenbehauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Die Behauptung „Ich fand den Service nicht gut." ist zum Beispiel eine subjektive Meinungsäußerung – also eine persönliche Bewertung, die nicht wahr oder falsch sein kann, denn jede Person versteht etwas anderes unter einem guten oder einem schlechten Service. Die Behauptung „Das Badezimmer war nicht gereinigt.“ ist hingegen eine Tatsachenbehauptung, also die Behauptung eines faktischen Zustands. Ob ein Badezimmer gereinigt wurde oder nicht, lässt sich objektiv überprüfen.
Eine subjektive Meinungsäußerung (Werurteil) ist unzulässig, wenn Sie die bewertete Person bzw. das bewertete Unternehmen in ihrer/seiner Ehre (Menschenwürde) beleidigen („Muss ich eine negative Bewertung auf Verlangen löschen?“). Unter Umständen kann auch eine beleidigende Kritik vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt und erlaubt sein, solange sie zumindest auf einer wahren Tatsachengrundlage ("Tatsachensubstrat") beruht und keinen "Wertungsexzess" darstellt.
Bei einer Bewertung mit beleidigenden Äußerungen muss das bewertete Unternehmen nur beweisen, dass die beleidigenden Äußerungen von anderen Personen gelesen werden konnten (was bei Online-Bewertungen nicht schwierig ist). Wenn sich Ihre beleidigende Bewertung noch im Rahmen der freien Meinungsäußerung bewegt und auf einer wahren Tatsachengrundlage („Tatsachensubstrat“) beruht, müssen Sie diese Tatsachengrundlage im Ernstfall beweisen. Wenn Sie diese Tatsachengrundlage nicht beweisen können, wird sich das bewertete Unternehmen mit einem Unterlassungs- bzw. Löschungsbegehren durchsetzen können und könnte auch die Kosten für die Durchsetzung dieser Ansprüche ersetzt verlangen.
Beispiel: A ist entrüstet über den Handwerker B, weil dieser die Fliesenlegearbeiten nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat: „Nie wieder! Ein Pfuscher!“ Die Bezeichnung „Pfuscher“ wird von der Allgemeinheit wohl als beleidigend angesehen werden. Da A‘s beleidigenden Äußerungen aber auf einen Tatsachengrundlage beruhen, wird die Äußerung wohl vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt und gerechtfertigt sein. A müsste aber im Fall einer gerichtlichen Klage des B die Tatsachengrundlage (nicht ordnungsgemäße Fliesenlegearbeiten) beweisen.
Eine Bewertung mit Tatsachenbehauptungen ist unzulässig, wenn die behaupteten Tatsachen rufschädigend sind und nicht der Wahrheit entsprechen. Die Unrichtigkeit einer Tatsachenbehauptung kann sich auch aus einer Unvollständigkeit des dargestellten Sachverhalts ergeben, z.B. wenn Sie ein Ereignis zwar richtig wiedergeben, aber wesentliche (entschuldigende) Umstände dabei weglassen. Es darf aber kein allzu strenger Maßstab angelegt werden. Bei der Prüfung einer Bewertung auf ihren Wahrheitsgehalt muss immer der gesamte Zusammenhang und der Gesamteindruck aus der Sicht eines Durchschnittsadressaten zugrunde gelegt werden. Einzelne Äußerungen dürfen also nicht isoliert betrachtet werden. Es genügt der Beweis der Richtigkeit des Tatsachenkerns; auf Nebensächlichkeiten und unwesentliche Details kommt es nicht an.
Wenn das bewertete Unternehmen einen Anspruch auf Löschung einer Bewertung geltend macht, muss es die Unwahrheit der behaupteten Tatsachen gegebenenfalls beweisen können. Das bewertete Unternehmen trägt daher die Beweisast, dass die Behauptungen in Ihrer Bewertung nicht richtig sind oder einen unrichtigen Gesamteindruck vermitteln. Nur dann würde sich das Unternehmen mit den Löschung- und Unterlassungsansprüchen durchsetzen können und könnte auch die Kosten für die Durchsetzung dieser Ansprüche ersetzt verlangen. Wenn Ihre Bewertung aber nicht nur rufschädigende Tatsachenbehauptungen enthält, sondern zugleich auch eine Ehrenbeleidigung darstellt („rufschädigende Ehrenbeleidigung“), dann müssen Sie die Beweislast für die Tatsachenbehauptungen tragen.
Beispiel: A schreibt über den Arzt B : „Nie wieder gehe ich zu diesem Arzt. Er ist unfreundlich und desinfiziert nicht einmal seine Geräte.“ Während es sich beim ersten Teil um eine subjektive Meinung handelt („unfreundlich“), stellt der zweite Teil („desinfiziert nicht seine Geräte“) eine Tatsachenbehauptung dar, die überprüfbar ist. Wenn der Arzt darlegen kann, dass er seine Geräte regelmäßig desinfiziert (z.B. durch Reinigungsprotokolle, Aussagen seiner Mitarbeiter usw.) wird er einen Löschungs- und Unterlassungsanspruch gerichtlich durchsetzen können.
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Letzte Änderung: 13.09.2023