Wenn Sie ein Produkt online kaufen, dürfen Sie es zu Hause in einem gewissen Ausmaß ausprobieren. Doch selbst wenn Sie dabei übertreiben, können Sie immer noch vom Vertrag zurücktreten. In diesem Fall müssen Sie allerdings einen Wertersatz an das Unternehmen bezahlen.
Sie dürfen ein online bestelltes Produkt zu Hause ausprobieren und in einem zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise des Produkts notwendigen Ausmaß benutzen. Sie dürfen also die Verpackung öffnen (siehe aber: Gesundheits- und Hygieneartikel), wenn ähnliche Produkte in Geschäften üblicherweise unverpackt gezeigt werden. Sie dürfen das Produkt auch so verwenden, wie Sie ein Ausstellungsstück im Geschäft auch verwenden dürften.
Eine solches Ausprobieren bedeutet aber nicht, dass Sie das Produkt in jeder Hinsicht tiefgehend auf seine Fehlerfreiheit testen dürfen. Etwaige Schutzfilme sollten nur dann entfernt werden, wenn das für das Ausprobieren des Produkts unbedingt notwendig ist. Eine tiefgehende Prüfung ist aber ohnehin nicht notwendig. Im Fall des späteren Auftretens von Fehlern oder Mängeln können Sie immer noch Ihre Gewährleistungsrechte geltend machen und einen Austausch gegen ein fehlerfreies Produkt verlangen.
Benutzen Sie die Ware in einem übertriebenen Ausmaß und erleidet das Produkt dadurch einen Schaden bzw. Wertminderung, können Sie dennoch vom Kaufvertrag zurücktreten und die Ware zurückgeben. Das Unternehmen kann Ihnen jedoch einen Wertersatz in Rechnung stellen. Dies aber nur dann, wenn Sie das Unternehmen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder in der Widerrufsbelehrung darauf hingewiesen hat und Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht informiert hat (§ 15 Abs 4 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz - FAGG). Sie müssen dann jene Wertminderung ersetzen, die Sie durch Ihre übermäßige Prüfung verursacht haben. Auch die Rücksendung einer Ware ohne Originalverpackung kann eventuell als eine Wertminderung angesehen werden.
Beispiel: Brigitta bestellt ein Kleid bei Xalanda.at. Sie probiert es zuhause an und findet, dass es ihr gut passt. Sie trägt es darauf zwei Tage hintereinander zur Arbeit, wo ihr ihre Kolleginnen sagen, dass ihr das Kleid nicht so gut stehe. Brigitta will daher das Kleid zurückgeben. Da Brigitta sich noch innerhalb der Widerrufsfrist von 14 Tagen befindet, kann Sie noch vom Kaufvertrag zurücktreten. Sie muss allerdings einen Wertersatz an das Unternehmen leisten. Denn sie darf zwar ein Kleidungsstück zu Hause anprobieren, doch das Tragen eines Kleidungsstück hält sich nicht mehr im Rahmen einer Prüfung der Beschaffenheit eines Kleidungsstücks.
Die Höhe des Wertersatzes hängt immer vom Einzelfall ab. Der Wertersatz könnte etwa in den Kosten einer Reinigung oder Reparatur bestehen, um die Ware wieder in einen verkaufsfähigen Zustand zu versetzen. Die Wertminderung kann aber auch in dem Einkommensverlust bestehen, den das Unternehmen dadurch erleidet, dass es das Produkt nicht mehr als Neuware, sondern nur mehr als Gebrauchtware verkaufen kann. Dass Sie im Fall eines Widerrufs das zurückgegebene Produkt übermäßig benützt oder ausprobiert haben, muss das Unternehmen beweisen. Das Unternehmen muss auch genau darlegen, warum und in welcher Höhe Sie Wertersatz leisten müssen.
Beispiel: Elias bestellt sich online eine Matratze, die in einer Schutzfolie geliefert wird. Elias reißt diese Schutzfolie euphorisch auf und schläft zwei Tage auf der Matratze ohne Laken. Nachdem er nun leichte Rückenprobleme hat, entscheidet er sich von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen. Elias wird zwar den Kaufpreis für die Matratze zurückbekommen, allerdings abzüglich der Reinigungskosten für die Matratze. In einem Ladengeschäft hätte Elias zwar auch auf der Matratze zur Probe liegen können – eine Entfernung der Schutzfolie ist für eine Prüfung der Ware aber nicht notwendig. Daher kann das Unternehmen für die Reinigung einen Wertersatz von Elias fordern.
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Letzte Änderung: 25.05.2022