Wenn Sie kein flexibles („refundable“) Flugticket gebucht haben, können Sie ein Flugticket grundsätzlich nicht kostenlos stornieren. Denn bei der Buchung von Flugtickets gibt es kein gesetzliches Widerrufsrecht. Die Fluglinie muss Ihnen aber zumindest die Steuern und Flughafengebühren zurückerstatten.
Im Gegensatz zu anderen online abgeschlossenen Verträgen gibt es bei der Buchung von Flugtickets kein gesetzliches 14-tägiges Widerrufsrecht (siehe Ausnahme für „Verträge über die Beförderung von Personen“ in § 1 Abs 3 Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz - FAGG). Allerdings bieten Reiseplattformen und Fluglinien manchmal eine kostenfreie Stornierungsmöglichkeit innerhalb von 24 Stunden Buchung an, die ihren Ursprung wohl in der US-amerikanischen „24-hour flight cancellation rule“ hat. Ob eine solche Stornierungsmöglichkeit besteht, mussen Sie im konkreten Fall prüfen.
Möglicherweise haben Sie ein vertragliches Recht auf eine kostenlose Stornierung Ihres Flugtickets. Bei teureren Flugticket-Tarifen (z.B. „Flex-Tarif“, „Premium“, „Economy Plus“ usw.) haben Sie meist ein Recht auf kostenlose Rückerstattung oder zumindest eine kostenfreie Umbuchung. Bei allen Fluglinien gibt es eine große Vielfalt an unterschiedlichen Tarifen. Sie müssen also prüfen, zu welchem Tarif Sie Ihr Flugticket gebucht haben und ob Sie Ihr Ticket nach diesem Tarif kostenlos stornieren können („Rückerstattung möglich“, „refundable“,…). Wenn Sie kein flexibles Ticket gebucht haben, müssen Sie grundsätzlich Stornokosten tragen.
Stornokosten sind ein pauschaler Betrag, den Sie der Fluglinie im Fall Ihrer Stornierung bezahlen sollen, obwohl die Fluglinie ihre Leistung (d.h. die Beförderung im Flugzeug) gar nicht erbringen muss. Es handelt sich um eine Pauschalierung des trotz Ihrer Stornierung aufrecht bleibenden „Werklohns“ der Fluglinie. Fluglinien verlangen oft Stornokosten in Höhe des gesamten Flugpreises (= Verfall des gesamten Flugpreises). Die Vereinbarung von so hohen Stornokosten ist aber in den meisten Fällen unwirksam. Denn die Fluglinie erspart sich im Fall Ihrer Stornierung das Abführen gewisser Flugnebenkosten (Steuern und Flughafengebühren), die Ihnen bei Ihrer Buchung als Teil des gesamten Flugpreises mitverrechnet wurden. Wenn die Fluglinie das stornierte Ticket letztlich an jemand anderen weiterverkaufen konnte, wäre sie außerdem um die von Ihnen zusätzlich bezahlten Stornokosten bereichert.
Im Ergebnis haben Sie bei einer Stornierung also normalerweise ein Recht darauf, dass die Fluglinie Ihnen zumindest die Flugnebenkosten (Steuern und Flughafengebühren) zurückerstattet („Bekomme ich Steuern und Flughafengebühren zurück?“). Die Steuern und Gebühren können in manchen Fällen sogar den Großteil des gesamten Ticketpreises ausmachen. Wenn Ihnen die Fluglinie eine Rückerstattung dieser Flugnebenkosten verweigert, können Sie eine Begründung anfordern. Nach § 27a Konsumentenschutzgesetz muss Ihnen die Fluglinie auf Ihre begründete Behauptung hin darlegen, dass sie sich durch Ihren Ausfall nichts erspart bzw. auch den Verkauf des Tickets an jemand anderen nicht absichtlich versäumt hat. Solange die Fluglinie Ihnen keine Begründung gibt, ist auch der Anspruch der Fluglinie auf Bezahlung der Stornokosten nicht fällig (1 Ob 268/03y, Pkt. 3.2.)
Wenn am Zielort des Flugs außergewöhnliche Umstände (z. B. eine Naturkatastrophe, politische Unruhen, Krieg, eine Epidemie o.Ä.) herrschen und dies zum Zeitpunkt der Buchung nicht absehbar war, kann dies eventuell auch zu einer kostenlosen Stornierung berechtigen. Sie können dann eventuell unter Verweis auf den „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ kostenlos zurücktreten und den gesamten Flugpreis zurückverlangen. Unter Geschäftsgrundlage sind Umstände zu verstehen, die die Parteien bei Vertragsabschluss zwar nicht ausdrücklich regeln, die aber für ein Geschäft typisch sind und von denen die Vertragspartner bei Abschluss des Geschäftes stillschweigend ausgehen. Ein Ereignis höherer Gewalt kann zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen, wenn durch eine plötzliche und unvorhersehbare Änderung der bei Vertragsabschluss vorausgesetzten Umstände das Festhalten am Vertrag für eine Partei unzumutbar wird.
Beispiel: A bucht am 8. 2. 2020 Tickets für einen Flug von Wien nach Lissabon am 30. 4. 2020. Zu diesem Zeitpunkt ist für A nicht vorhersehbar, dass die COVID-19-Pandemie ausbrechen wird. Am 8. 4. 2020 erlässt das Außenministerium eine Reisewarnung der höchsten Sicherheitsstufe (Stufe 6) für Portugal. Am 29. 4. 2020 erklärt A den Rücktritt und ersucht um Rückerstattung der Kosten. Der Flug findet am 30. 4. 2020 wie geplant statt. A kann den Flugpreis zurückfordern, weil aufgrund der COVID-19-Pandemie ein Fall höherer Gewalt vorliegt, die Reise unzumutbar ist und diese Umstände im Buchungszeitpunkt nicht vorhersehbar waren.
Praktische und rechtliche Informationen zur Flugreise (Wien, 2018)
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Letzte Änderung: 01.10.2024