Wenn sich ein Gutschein nicht einlösen lässt, muss geprüft werden, ob der Verkäufer des Gutscheins in Besitz des Rechts war, das er mit dem Gutschein verkauft hat. Wenn dies nicht der Fall war, muss Ihnen der Verkäufer des Gutscheins den Kaufpreis zurückerstatten. Ansonsten müssen Sie gegenüber dem (Leistungs-) Unternehmen (Hotel, Restaurant usw.) auf die Einlösung des Gutscheins bestehen.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Wertgutscheinen und Leistungsgutscheinen. Der Wertgutschein lautet auf einen Geldbetrag und gibt Ihnen das Recht, mit dem Gutschein bei einem bestimmten Unternehmen bzw. aus einem bestimmten Sortiment einzukaufen und anstelle mit Geld mit dem Gutschein zu bezahlen. Ein Leistungsgutschein ist das Recht darauf, dass das im Gutschein genannte Unternehmen (z.B. ein Hotel oder ein Restaurant) die im Gutschein genannte Leistung (z. B. eine Beherbergung im Hotel oder ein Essen im Restaurant) erbringt.
Das Recht auf Inanspruchnahme der im Gutschein genannten Leistung muss in einem ersten Schritt vom (Leistungs-)Unternehmen einmal an jemanden verkauft werden (ein abstraktes Schuldversprechen ist der österreichischen Rechtsordnung fremd). Dieses Recht (d.h. der Gutschein) wird vom (Leistungs-)Unternehmen entweder zunächst an ein Gutscheinunternehmen verkauft, das den Gutschein in weiterer Folge an Sie weiter verkauft. Oder es wird (über Vermittlung eines Gutscheinunternehmens) vom (Leistungs-)Unternehmen direkt an Sie verkauft (d.h. der Kaufvertrag über das Recht wird zwischen dem Leistungsunternehmen und Ihnen geschlossen).
Rein rechtlich wird mit dem Kauf eines Leistungsgutscheins entweder bereits ein Vertrag über die Erbringung der eigentlichen Leistung (d. h. die Beherbergung oder das Essen) geschlossen, obwohl der genaue Zeitpunkt noch gar nicht feststehen mag (Hauptvertragsmodell). Oder es wird mit dem Kauf des Gutscheins nur das Recht auf Abschluss eines Vertrags über die Erbringung der eigentlichen Leistung erworben (Vorvertrags-/ Optionsmodell). Diese rechtliche Unterscheidung ist aber nicht wesentlich.
Es kann passieren, dass Sie einen gekauften oder geschenkten Gutschein bei dem (Leistungs-)Unternehmen („Leistungspartner“, „Erlebnispartner“) nicht einlösen können. Hierbei sind unterschiedliche Szenarien denkbar:
In allen Fällen muss dann das Vertragsverhältnis zwischen dem Gutscheinunternehmen und dem (Leistungs-) Unternehmen betrachtet werden. Es muss geprüft werden, ob das Gutscheinunternehmen das Recht vom (Leistungs-) Unternehmen erworben hat oder das Recht für das (Leistungs-) Unternehmen verkaufen durfte.
Es ist möglich, dass Sie das Recht auf die im Gutschein genannten Leistung vom Gutscheinunternehmen gar nicht wirksam übertragen bekommen haben. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Gutscheinunternehmen selbst gar nicht „im Besitz“ des an Sie verkauften Rechts (Gutscheins) war oder gar nicht bevollmächtigt war, dieses Recht im Namen des (Leistungs-) Unternehmens zu verkaufen. Denkbar ist auch, dass das Gutscheinunternehmen das Recht ohne Erlaubnis in einem größeren Umfang verkauft hat (z. B. es werden in der Beschreibung gewisse Extra-Leistungen angeführt, es findet sich keine Einschränkung auf bestimmte Saisonzeiten usw.). Denkbar ist auch, dass das (Leistungs-) Unternehmen Ihnen bei der Einlösung des Gutscheins eine wirksame rechtliche Einwendung gegenüber dem Gutscheinunternehmen (z. B. ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines nicht vom Gutscheinunternehmen bezahlten Kaufpreises) entgegenhält.
In diesen Fällen haftet das Gutscheinunternehmen dafür, dass Sie den Gutschein gar nicht oder nicht in dem versprochenen Umfang einlösen können (Haftung für die "Verität des Rechts“, vgl. Dienst/Scheibenpflug, Zivilrechtliche Rechtsfragen bei Gutscheinkäufen auf Online-Gutscheinplattformen [Couponing], JurPC Web-Dok 147/2012, Abs 59f). Das Gutscheinunternehmen muss Ihnen dann den Kaufpreis für den Gutschein zurückerstatten bzw. für die Extrazahlungen Schadenersatz leisten (vgl. 6 Ob 169/15v, Pkt 1.2 und LG Linz, 14 R 74/17a: "Hotelgutschein von Internetplattform im Hotel nicht einlösbar").
Wenn Sie das im Gutschein verbriefte Recht vom Gutscheinunternehmen allerdings wirksam übertragen bekommen haben, aber das (Leistungs-)Unternehmen die im Gutschein versprochene Leistung (d. h. die Übernachtung, das Essen usw.) einfach nicht erbringt oder schlecht erbringt (z. B. der Spa-Bereich des Hotels ist nicht benutzbar), dann ist nicht das Gutscheinunternehmen (Gutscheinverkäufer), sondern das (Leistungs-) Unternehmen verantwortlich. Denn für die Leistung aus dem Hauptvertrag (d. h. die Übernachtung usw.) ist das (Leistungs-) Unternehmen verantwortlich, das das Recht auf die Erbringung der vertraglichen Leistung (d. h. den Gutschein) ursprünglich (an das Gutscheinunternehmen) verkauft hat. Sie müssten also dem (Leistungs-) Unternehmen (z. B. Hotel, Anbieter der Ballonfahrt) gegenüber Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche geltend machen.
Auch im Fall der Insolvenz des (Leistungs-) Unternehmens haftet das Gutscheinunternehmen grundsätzlich nicht (keine Haftung für die "Bonität des Rechts", vgl. Dienst/Scheibenpflug, Zivilrechtliche Rechtsfragen bei Gutscheinkäufen auf Online-Gutscheinplattformen [Couponing], JurPC Web-Dok 147/2012, Abs 61f). Sie müssen in diesem Fall das Recht auf die im Gutschein genannte Leistung als Insolvenzforderung anmelden und darauf hoffen, dass Sie zumindest einen Teil des Gutscheinbetrags in Höhe der Insolvenzquote vom insolventen Unternehmen erhalten. Nur wenn das (Leistungs-) Unternehmen bereits im Zeitpunkt des Verkaufs des Gutscheins in Insolvenz war, ist das übertragene Recht (der Gutschein) bereits im Zeitpunkt des Übertragung (Verkaufs) mangelhaft und muss das Gutscheinunternehmen (d.h. der Verkäufer des Gutscheins) dafür einstehen. In diesem Fall können Sie den Kaufpreis des Gutscheins vom Gutscheinunternehmen zurückverlangen.
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Letzte Änderung: 07.06.2024